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Wofür brauche ich einen Betriebsarzt?

Die Krankenkassen bezahlen nach §11 Sozialgesetzbuch V Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten, Behandlung und Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung.
Während der Kassenarzt auf die Erkennung und Behandlung von Krankheiten spezialisiert ist, hat der Betriebsarzt  nach §3 Arbeitssicherheitsgesetz die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu unterstützen.
So können Gesundheitsgefahren erkannt und soweit technisch möglich, von vorn herein verhindert werden. 
Können nicht alle Gesundheitsgefahren ausgeschlossen werden, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Mitarbeiter über Möglichkeiten des persönlichen Schutzes zu informieren. Dazu wird der Betriebsarzt beauftragt, den betroffenen Mitarbeiter zu beraten und soweit notwendig und gewünscht Untersuchungen (Sehtest, Hörtest, Lungenfunktion, EKG, Labor etc.) durchzuführen. Ziel ist, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebs bei der Erhaltung ihrer Gesundheit zu unterstützen. Beispiele sind die Bildschirmvorsorge, sowie die Vorsorge bei der Arbeit mit Gefahrstoffen oder mit Atemschutz.
Auch gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen für Führerschein, Feuerwehren, Strahlenschutz etc. kann der Betriebsarzt durchführen.

Jeder Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, einen Betriebsarzt schriftlich zu bestellen. Die Zahl der hierfür zu vereinbarenden jährlichen Betreuungsstunden ist vom gesundheitlichen Risiko und der Zahl der Mitarbeiter des Betriebs abhängig. Informationen über die Berechnungen der notwendigen Einsatzzeit finden Sie in der "DGUV V2" ihrer Berufsgenossenschaft.

Was ist der Unterschied zwischen einem Arbeitsmediziner und einem Arzt mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin?

Der Arbeitsmediziner (= Facharzt für Arbeitsmedizin) ist, genau wie der Chirurg, der HNO-Arzt oder der Neurologe ein spezialisierter Arzt, der hauptsächlich in einem Fachgebiet tätig ist.
Nach der Erteilung der Approbation als Arzt (= staatliche Erlaubnis als Arzt zu arbeiten) beginnen die meisten Ärzte mit einer Ausbildung zum Facharzt. Diese erfolgt unter der ständigen Aufsicht eines staatlich zugelassenen Weiterbilders, z.B. eines Chefarztes in einer Klinik. Nach Abschluss der Weiterbildungszeit, in der alle für das Fach notwendigen Tätigkeiten und Fachkenntnisse erlernt werden, erfolgt eine Facharztprüfung in der der Arzt seine erworbenen Kenntnisse unter Beweis stellen muss. Nach erfolgreicher Prüfung erhält der Arzt eine Facharzturkunde und erklärt mit der Entgegennahme, dass er zukünftig hauptsächlich in seinem Fachgebiet tätig sein wird. Der Facharzt darf nun eine Facharztpraxis unter eigenem Namen führen. Er darf auch als Fachgutachter vor Gericht auftreten.
Die Weiterbildungszeit zum Facharzt für Arbeitsmedizin beträgt mindestens 5 Jahre. In dieser Zeit erwirbt der Arzt in der Weiterbildung umfangreiche Erfahrungen unter Anleitung eines als Weiterbilder geeigneten Arbeitsmediziners.

Neben der Ausbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizin besteht die Möglichkeit einer verkürzten Ausbildung zur Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin. Diese kann ein Facharzt (z.B. Allgemeinmediziner) nach zusätzlicher einjähriger Weiterbildung bei einem Arbeitsmediziner oder Betriebsmediziner und einer anschließenden Prüfung erwerben.
Nach erfolgreicher Prüfung erhält der Arzt eine Urkunde in der die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin bestätigt wird. Er kann nun weiter hin in seinem bisherigen Hauptfach, aber auch in der Betriebsmedizin tätig sein.

Wer darf sich noch Betriebsarzt nennen?

Betriebsarzt ist leider kein geschützter Begriff. Nach Auskunft der Ärztekammer Niedersachsen darf sich jeder Arzt, der für einen Betrieb tätig ist, Betriebsarzt nennen.

Die ArbmedVV (Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge) ersetzt inzwischen die Gefahrstoffverordnung und die Biostoffverordnung. Sie fordert vom Unternehmer, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgen nur von einem Facharzt für Arbeitsmedizin oder einem Arzt mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin durchgeführt werden. Daher muss der Unternehmer bei der Bestellung des Betriebsarztes darauf achten, dass eine Kopie der jeweiligen Urkunde (siehe unten) den Vertragsunterlagen beigefügt ist.
 

Was ist eine Arbeitsmedizinische Vorsorge?

Die vom Betriebsarzt durchgeführten Beratungen geben den Beschäftigten die Möglichkeit die Gesundheitsgefahren bei der Arbeit in Beziehung zu den persönlichen Erkrankungen zu setzen. Bis zum 30. Oktober 2013 dienten die gesetzlich vorgeschrieben arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zur Entlastung des Arbeitgebers, denn der Mitarbeiter erhielt eine Bescheinigung über die Tauglichkeit für die untersuchte Tätigkeit.

Seit Inkrafttreten der novellierten ArbmedVV am 01.11.2013 dient die Arbeitsmedizinische Vorsorge der Stärkung der Verantwortung des einzelnen Mitarbeiters für seine Gesundheit.
Im Rahmen der Vorsorge berichtet der Beschäftigte dem Betriebsarzt über seine Gesundheit und ggf. vorliegende Erkrankungen.
Auf Grund der betriebsärztlichen Kenntnisse über den Arbeitsplatz und die entsprechenden Gefahren informiert der Betriebsarzt daraufhin den Beschäftigten über seine persönlichen gesundheitlichen Gefahren und die Möglichkeiten zum Erhalt der Gesundheit.
Soweit zur Klärung notwendig, empfiehlt der Betriebsarzt zusätzliche Untersuchungen (Sehtest, Hörtest, Labor, EKG etc.).
Abschließend erhält der Beschäftigte eine Bescheinigung über die Teilnahme an der Vorsorge. Diese Bescheinigung enthält keine Hinweise auf eine Eignung oder fehlende Eignung.
Gemäß ArbmedVV ist es Aufgabe des Beschäftigten den Arbeitgeber über seine ggf. fehlende Tauglichkeit zu informieren.

Anhaltspunkte für die Inhalte arbeitsmedizinischer Vorsorgen gibt seit Jahrzehnten das Buch " Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen". Nach dem Titel werden die Untersuchungen "Grundsatzuntersuchungen" genannt. Die Grundsätze sind durchnummeriert, neu erscheinende Grundsätze werden an die Liste angehängt.
Beispiele sind die Bildschirmuntersuchung (G37), oder die Untersuchung für Atemschutz (G26).
Mit der Novellierung der ArbmedVV vom 23.10.2013 wurde das berufsgenossenschaftlich tradierte Recht durch eine Gesetzliche Regelung ersetzt.
Informationen zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (und zu den ehemaligen "Grundsatzuntersuchungen" - einem seit 2013 veralteten Begriff)

     
 Wikipedia zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (seit 2013 neue Rechtslage)

     
 Wikipedia zu Vorsorgeuntersuchungen (bis 2013)
       

Was ist eine Bildschirmvorsorge/ Bildschirmarbeitsplatz-Vorsorge/ G37 ?

Die Bildschirmvorsorge war (bis 2013) der 37. Grundsatz in der Liste der von der DGUV festgelegten Grundsatzuntersuchungen.
Sie sollte heute "Angebotsvorsorge bei der Tätigkeit an Bildschirmgeräten" (gemäß ArbmedVV Teil 4) genannt werden.

Die Vorsorge dient dazu, Gesundheitsbeschwerden, die durch die Tätigkeit an Bildschirmarbeitsplätzen entstehen können, zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen.
Der Betriebsarzt verschafft sich im Vorfeld der Untersuchung durch eine Begehung der Arbeitsplätze einen Eindruck über die speziellen Arbeitsbedingungen im Betrieb.
Inhalt der Bildschirmvorsorge ist die Feststellung der Vorgeschichte (Anamnese), Fragen zum Arbeitsplatz, sowie zu Beschwerden durch die Tätigkeit.
Anschließend erfolgt, soweit gewünscht ein Sehtest, bei dem die Sehfähigkeit mit den vorhandenen Sehhilfen geprüft wird (d.h. mit Brille oder Kontaktlinsen).
Die Kenntnisse aus der Arbeitsplatzbegehung wie auch das Ergebnis der Vorgeschichte (Anamnese) und der Untersuchung dienen dem Betriebsarzt als Grundlage für das nun folgende Beratungsgespräch, in dem festgestellte Probleme besprochen und Hinweise und Erklärungen zur Korrektur gegeben werden.
Bei Alterssichtigkeit und nicht ausreichender Korrektur ist möglicherweise eine spezielle Bildschirmbrille erforderlich. Diese muss gemäß ArbmedVV Anhang Teil 4 vom Arbeitgeber beschafft werden.
Ziel der Angebotsvorsorge bei der Tätigkeit an Bildschirmgeräten sind zufriedene und leistungsfähige Beschäftigte, die bewusst die angebotenen ergonomischen Möglichkeiten am Bildschirmarbeitsplatz ausschöpfen.
 

Kann eine Vorsorge (z.B. Bildschirmvorsorge) allein von einer Assistenzkraft (z.B. Arzthelferin, MFA) erbracht werden?

Nein, die in jeder Vorsorge enthaltene individuelle Anamnese, wie auch die Beratung sind Aufgabe eines Arztes.
Entgegen der nicht seltenen Praxis, die Bildschirmvorsorge auf einen einfachen Sehtest zu reduzieren, kann nur ein persönliches Gespräch mit dem Betriebsarzt den Erfolg der Vorsorge gewährleisten.  
Die Bescheinigung und Abrechnung einer ärztlichen Leistung erfordern immer einen persönlichen Kontakt zum Arzt.

Auf Grund einer zu geringen Zahl an Fachärzten bestehen Bestrebungen, die vollständige Vorsorge für die Tätigkeit an Bildschirmgeräten auf Assistenzkräfte zu verlagern.
Hier muss natürlich die Abrechnung an die Qualifikation der Assistenzkraft angepasst werden, da durch diese zwar eine fachspezifische, aber keine Leistung auf fachärztlichem Niveau erbracht werden kann.

Dürfen arbeitsmedizinische Leistungen über die Krankenkasse abgerechnet werden?

Die Leistungen der Krankenkassen dienen der Behandlung von Krankheiten und werden von der Solidargemeinschaft der Versicherten finanziert.
Betriebsärztliche Leistungen dienen zunächst dem Schutz des Beschäftigten vor den besonderen, vom Betrieb ausgehenden Gesundheitsgefahren.
Daher sind die entstehenden Kosten für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ein Teil der Aufwendungen für Betrieb und Produktion.
Es liegt im ethischen Selbstverständnis eines aufrichtigen Unternehmers, die Solidargemeinschaft nicht vorsätzlich durch betrieblich bedingte Aufwendungen zu schädigen.

Gibt es "schwarze Schafe" in der Arbeits- oder Betriebsmedizin?

Wie in jedem Bereich des täglichen Lebens gibt es auch bei betriebsärztlichen Leistungen schwarze Schafe. Hier tummeln sich Organisationen mit vertrauenserweckenden Namen neben Vermittlungsbüros, die nur gelegentlich irgendeinen Arzt auf Stundenbasis anwerben, wenn ein Kunde tatsächlich den Betriebsarzt anfordert.

Die Preise sind kaum vergleichbar, da z.B. Anbieter behaupten, ihre Ärzte würden bei weniger als 50% Anwesenheit im Betrieb alle notwendigen Leistungen erbringen - und schließlich gäbe es ja auch eine Hotline. Die Ärzte dieser Anbieter wiederum erhalten oft nur eine Vergütung für die im Betrieb tatsächlich geleistete Einsatzzeit. Eine Vergütung für Stellungnahmen und das Erstellen von Bescheinigungen außerhalb des Betriebs erfolgt oft nicht.
Wenn Sie also für € 87,50 € eine Einsatzstunde mit 35% Anwesenheit im Betrieb einkaufen, zahlen Sie dem Anbieter für eine Arztstunde in Wirklichkeit  € 250.
Bei häufig anfallenden Vorsorgen, z.B. der Bildschirmvorsorge, schicken manche Anbieter eine Arzthelferin, bescheinigen aber bei jeder Untersuchung einen Arztkontakt, und rechnen ihn auch ab - aber wer traut sich schon, die freundliche Dame nach ihrer Qualifikation zu fragen.

Letztlich ist der Unternehmer gegenüber Staat und Berufsgenossenschaft in der Beweispflicht, dass er eine korrekte Leistung bestellt und entgegengenommen hat.
Die Ärztekammern vergeben den Ärzten Zertifikate:

  • Arztausweis
  • Approbationsurkunde (Urkunde über die Anerkennung als Arzt)
  • Facharzturkunde
  • Urkunde zur Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin (in Verbindung mit der Facharzturkunde)

Fordern Sie diese Unterlagen in Kopie ein. Sie können Ihnen als Nachweis dienen.

 

Wofür brauche ich einen Betriebsarzt?

Was ist der Unterschied zwischen einem Arbeitsmediziner und einem Betriebsarzt?
Wer darf sich noch Betriebsarzt nennen?
Was ist eine Grundsatzuntersuchung?
Was ist eine Bildschirmarbeitsplatz-Vorsorge (G37)?
Kann die Bildschirmuntersuchung allein von einer Arzthelferin erbracht werden?
Dürfen arbeitsmedizinische Leistungen über die Krankenkasse abgerechnet werden?
Gibt es "schwarze Schafe" in der Betriebsmedizin?

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